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Hoher Ölverbrauch: Mangel bei Audi 2.0 TFSI - Motoren?

Veröffentlicht in Garantien

Das schlägt dem Ölfass den Boden aus: Viele Audi 2.0 TFSI - Motoren verbrauchen wesentlich mehr von dem teuren Schmierstoff, als sie sollten. Zum Teil bis zu einem Liter und mehr pro 1.000 km. Das ist für die Besitzer natürlich umso ärgerlicher, da Audi in der Regel einer Mängelbeseitigung oder "Kulanz" ablehnend gegenüber steht. AUTOFAHRERSEITE.EU hat für Sie nachgehakt …

Ein Audi A4 Quelle: AUDI AG

Immer wieder sorgt der hohe Ölverbrauch einiger Audi 2.0 TFSI Motoren bei Endkunden und in den Kfz-Betrieben für Diskussionen. Verbräuche bis zu 1 Liter Öl auf 1.000 km sind keine Seltenheit. Gerade in den sozialen Medien und Autofahrer-Foren wird man bei der Suche nach „Audi 2.0 TFSI Ölverbrauch“ schnell fündig. Dort klagen Autobesitzer über Ölverbräuche von über 10 Liter Öl auf 10.000 km oder 30 Liter je LongLife Ölwechselintervall.

Wenn der Motor Öl verbrennt, wird es für den Audi-Besitzer wird es schnell teuer, ganz zu schweigen von den negativen Umwelt-Aspekten. Dazu kommt noch das ständige Überprüfen des Ölstands bei fast jedem Tankvorgang. Für den Autofahrer sollten solche Ölverbräuche spätestens seit den 90er Jahren der Vergangenheit angehören, jetzt tauchen sie erneut bei Fahrzeugen ab ca. 40.000 km Laufleistung auf. Das legt natürlich die Vermutung nahe, dass ein bauartbedingter Mangel vorliegt.

Wo liegt die Ursache?

Laut der Meinung von Fachleuten liegt die Ursache bei den betroffenen TFSI-Motoren in dem schlechten Zusammenspiel von Fertigungstoleranzen: Demnach entstehen extreme Ölverbräuche bei der Kombination aus maximalen Toleranzwerten bei den Zylinderbohrungen und Kolben. Liegt z.B. der Wert der Zylinderbohrung an der maximalen Obergrenze und der der eingesetzten Kolben am Minimumdurchmesser, so gelangt Motoröl in den Verbrennungsraum. Dieses kann bei fortlaufendem Betrieb sogar zu erhöhtem Verschleiß im Zylinderbereich führen. Sind dann die Zylinderlaufflächen betroffen, ist eine Reparatur nicht mehr nur durch den Austausch der Kolben möglich, denn bei Motorenblöcken aus Aluminium mit beschichteten Zylinderlaufflächen kommt ein Honen der Laufbahnen mit anschließender Montage von Kolben mit Übermaß nicht in Frage.

So kann Audi nur dann, wenn die Laufbahnen unbeschädigt sind, die Reparatur durch den Einsatz von veränderten Kolben inkl. Abstreif- und Kolbenringe durchführen. Ein Großteil der Kosten entfällt dann auf die fälligen Montagearbeiten. Kritisch wird es bei beschädigten Zylinderlaufbahnen, dann droht ein Zylinderblockwechsel oder im schlimmsten Fall der komplette Austausch des Motors.

An welchen Fahrzeugen tritt der Mangel auf?

Wir haben die Fahrzeuge, Baujahre und Motorkennbuchstaben zusammengestellt, zu denen uns entweder gesicherte Informationen über die Mängel vorliegen, oder die zumindest aufgrund der Umstände und der Bauzeiträume als gefährdet gelten müssen. Die Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und entsprechen lediglich unserem gegenwärtigen Informationsstand.

Die fehlerhaften Bauteile kamen in den Baujahren 2008 bis Mitte/Ende 2011 in Motoren des Typs EA888 mit einem Hubraum von 1,8l und 2,0l zum Einsatz. Die entsprechenden Motorisierungen wurden, je nach Marke, in der Verkaufsbezeichnung in der Regel mit den Kürzeln TFSI oder TSI versehen.

Die Motorkennbuchstaben von EA888-Motoren, die in diesem Zeitraum verbaut wurden lauten:
CABA, CABB, CAEA, CADA, CABD, CAWA, CAWB, CCZA, CCZB, CCZC, CCZD, CDAA, CDAB, CDEB, CDHA, CDHB, CDZA, CHHB, CNBC, CNCB, und CPMA.

Betroffen sind die Modelle:

  • Audi A3, A4, A5, A6, Q5 und TT
  • Seat Altea, Alhambra, Exeo, Leon
  • Skoda Octavia, Superb, Yeti
  • Volkswagen Golf, Sharan, Tiguan

Sehr ähnliche Probleme hat außerdem der VW Polo GTI mit 1,4-Liter EA111-Motor (Baujahre bis 08/2013, Motorkennbuchstaben CAVE und CTHE); diese Motoren kamen auch im Skoda Fabia RS, im Seat Ibiza Cupra sowie im Audi A1 (Motorkennbuchstaben im Audi: CAVG und CTHG) zum Einsatz.

Quelle: Liqui Moly

Wie ist die rechtliche Situation?

Der Aussage unseres Netzanwalts zufolge gibt es keine festen Grenzen für den Ölverbrauch, bei dem vonseiten des Gerichts automatisch von einem Mangel ausgegangen wird. Oftmals lassen die Gerichte diese Frage im Streitfall von Sachverständigen klären. Ob der festgestellte Ölverbrauch im Vergleich zum Entwicklungsstand aller in dieser Fahrzeugklasse vergleichbaren Kraftfahrzeuge erheblich negativ abweicht und demnach ein Qualitäts- oder Konstruktionsfehler vorliegen kann, wird dann von den Sachverständigen beurteilt.

Feste Grenzen zur Feststellung eines Mangels gibt es allerdings beim erhöhten Spritverbrauch. Hier ermöglichen aktuelle Urteile dem Autobesitzer die Rückgabe des gekauften Fahrzeugs, wenn der Kraftstoffverbrauch um z.B. 10% über den angegebenen Verbrauchswerten liegt (vgl. OLG Hamm 07.02.2013, Az. I-28 U 94/12). Um Rechtssicherheit zu erzielen, müsste ein unzufriedener Autofahrer den Klageweg beschreiten. In der Realität ziehen die Fahrzeughersteller jedoch bei spürbarer Gegenwehr die Reißleine und bieten großzügige "Kulanzangebote" an.

Auch der Blick in die Audi Betriebsanleitung zeigt genau auf, wie hoch der Ölverbrauch im Normbereich des Fahrzeugs liegt. Denn in der Bedienungsanleitung eines Audi TT mit 2.0 TFSI-Motor wird ganz klar festgehalten, dass der Ölverbrauch im eingefahrenen Zustand des Fahrzeugs bis zu 0,5 Liter/1.000 km betragen kann. Würde man die Rechtsprechung zum Thema Kraftstoffmehrverbrauch auf das Thema Motorenöl übertragen, dann hätte der Verbraucher also ab einem Ölverbrauch von +10% = 0,55 Liter/1.000 km, sogar das Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

Gewährleistung statt Kulanz!

Mit Kulanz hat der Anspruch auf Mängelbeseitigung unserer Meinung nach jedoch wenig zu tun, denn mit der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 des Europäischen Parlaments hat der europäische Gesetzgeber für Fahrzeuge mit Euro 5 und Euro 6 Norm festgelegt, dass der Fahrzeughersteller gewährleisten muss, dass die mit der Typgenehmigung geforderten Auspuff- und Verdunstungsemissionen über die gesamte durchschnittlichen Lebensdauer gewährleistet werden muss. Und diese beträgt für einen Mittelklasse-Pkw (z.B. Audi A4, VW Passat, BMW 2er) laut BGH immerhin 5 Jahre bzw. 250.000 Kilometer.

Quelle: AUTOFAHRERSEITE.EUIn der EU Verordnung heißt es:

"Der Hersteller ergreift technische Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die Auspuff- und Verdunstungsemissionen der Fahrzeuge während ihrer gesamten normalen Lebensdauer und bei normaler Nutzung entsprechend den Vorschriften dieser Verordnung wirksam begrenzt werden.

Diese Maßnahmen gelten auch für die Sicherheit der Schläuche, Dichtungen und Anschlüsse, die bei den Emissionsminderungssystemen verwendet werden und so beschaffen sein müssen, dass sie der ursprünglichen Konstruktionsabsicht entsprechen."

Ob die Emissionen bei dem deutlich vermehrtem Ölverbrauch noch innerhalb der erlaubten Grenzwerte liegen, kann zu mindestens in Frage gestellt werden.

Was sagt Audi zu den hohen Verbräuchen?

Bereits die Angabe der hohen Kann-Verbräuche (0,5 Liter/1.000 km <=> 15 Liter Ölverbrauch je LongLife Ölwechselintervall) im Serviceheft könnte als Eigenschutz des Fahrzeugherstellers vor Reklamationen eingeordnet werden. Um Klarheit für den Autobesitzer zu schaffen, hatte wir bereits im Frühjahr des Jahres Kontakt zu Audi und stellten folgende Fragen:

Wo liegt die technische Ursache?

Audi erklärt, dass die Angaben in der Betriebsanleitung lediglich ein Versuch sind, dem Kunden einen durchschnittlichen Ölverbrauch bei normalem Fahrverhalten zu vermitteln. Der tatsächliche Ölverbrauch hänge jedoch vom individuellen Nutzungsprofil des Fahrers ab. Die Bauteile der Serienfertigung unterliegen zudem herstellungsbedingten Streuungen ...und der Ölverbrauch steigere sich ohnehin mit den Jahren.

Welche Abhilfe schafft der Hersteller?

Geht Audi auf die Beanstandung des vorliegenden Mangels ein, wird zuerst eine Ölverbrauchsmessung durchgeführt, um den tatsächlichen Ölverbrauch zu ermitteln. Wird ein erhöhter Ölverbrauch festgestellt, führt der Betrieb eine Reparatur nach Reparaturleitfaden durch. Dabei werden als Abhilfe die Druckverhältnisse zwischen dem Verbrennungsraum und dem Kurbelgehäuse optimiert und die Fertigungstoleranzen am Kolben und an den Kolbenringen eingeengt.

Ab welcher Verbrauchsmenge und bis zu welcher Laufleistung wird der Ölverbrauch als abzustellender Mangel akzeptiert?

Laut Audi hänge dies stark vom individuellen Nutzungsprofil ab. Stop-and-go-Verkehr, Temperatur, Kaltstarts und Betrieb unter niedriger Last würden zu einem erhöhtem Ölverbrauch führen, den Audi nicht zu vertreten hat.

Wird Kulanz über Audi-Heilinspektionen angeboten?

Audi verspricht jede Beanstandung ernst zu nehmen und bei jeder berechtigten Beanstandung eine individuelle Lösung mit dem Kunden zu suchen. Informationen wie diese individuelle Lösung aussehen könnte, gibt Audi leider nicht.

Wie viele Fälle mit erhöhtem Ölverbrauch sind Audi bekannt?

Die Fälle bewegen sich laut Audi im Promillebereich und kämen lediglich beim 1,8 TSI (EA888) 118kW mit dem Produktionsdatum Mitte 2011, beim 1,4l TSI mit 132/136 kW und dem Produktionsdatum bis 08/2013 (aus dem Polo GTI) sowie dem 2.0 TFSI-Motor vor.

Aktuell: In der Schweiz schafft der Audi-Importeur Abhilfe

Laut einer Berichterstattung des SRF (Schweizer Rundfunk und Fernsehen) kommt der Schweizer Generalimporteur von Audi den Kunden entgegen. Morten Hannesbo, CEO bei Amag, wird in einem Interview mit dem SRF konkret und sichert Abhilfe bei betroffenen Fahrzeugen zu. Innerhalb der Garantiezeit verlängert Amag die "Kulanz" auf fünf Jahre bzw. 100.000 Kilometer und repariert die Motoren kostenfrei. Für betroffene Fahrzeuge mit mehr als 100.000 km bietet der Schweizer Generalimporteur eine Übernahme der Materialkosten und die Hälfte der Arbeitskosten an. >>>Zum Artikel auf srf.ch

Zwei Gerichtsentscheidung geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus

In den Jahren 2017 und 2018 haben sich zwei Oberlandesgerichte mit den überhöhten Ölverbräuchen von Audi TFSI-Motoren (Typ EA888) befasst. In beiden Verhandlungen wurde prinzipiell zugunsten der geschädigten Autofahrer entschieden und ein Sachmangel am betroffenen Fahrzeug festgestellt. Angeklagt waren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: 4 U 105/17) und dem OLG Koblenz (Az.: 1 U 679/18) jeweils gewerbliche Autohändler, die das betreffende Fahrzeug verkauft hatten.

In beiden Gerichtsverfahren wurden Ölverbrauchsmessungen durchgeführt, die jeweils Verbräuche jenseits von 0,5 Litern auf 1000 Kilometer bescheinigten. Beide Gerichte erklärten die Verbräuche für überhöht erklärten, sie entsprächen nicht dem Stand der Technik. Im Zuge dessen befasste sich das Oberlandesgericht Stuttgart eingehend mit dem normalen Ölverbrauch für Fahrzeuge dieses Alters. Dabei ermittelt, dass der Ölverbrauch eines 4-Zylinder-Turbomotors mit zwei Litern Hubraum aus dem Bauzeitraum um 2009 im Vergleich aller Hersteller zwischen 0,1 l und 0,5 l auf 1000 km läge, insbesondere bei guten Motoren jedoch in der Regel nicht über 0,2 l auf 1000 km.

Beide Gerichte sprachen den klagenden Verbrauchern grundsätzlich Ansprüche zu, sowohl in Bezug auf den Rücktritt vom Kaufvertrag (OLG Stuttgart), als auch in Bezug auf Schadenersatzzahlungen in Höhe der Reparaturkosten (OLG Koblenz).  Aus Sicht der betroffenen Autobesitzer sind diese Urteile selbstverständlich zu begrüßen. Außerdem bleibt festzuhalten, dass mit diesen Urteilen bessere Anhaltspunkte dafür existieren, welcher Ölverbrauch im rechtlichen Sinne als zeitgemäß zu akzeptieren ist. Dabei scheint sich die Obergrenze im Bereich 0,5 - 0,6l / 1000 km auszukristallisieren. Darüber hinaus sind sich die Gerichte einig, dass die Feststellung des üblichen Ölverbrauchs sich auf die Fahrzeuge aller Hersteller und Marken stützen muss. Das bedeutet, dass die Argumentation des Herstellers, der Verbrauch sei bei diesen Motoren üblich und damit kein Mangel, künftig möglicherweise weniger Aussicht auf Erfolg hat.

Die Politik hat den Weg zu einer Musterstellungsklage geebnet. Als Verbraucher habe Sie nun die Möglichkeit, mit einer Sammelklage zu Ihrem Recht zu kommen. Weitere Informationen erhalten Sie hier: Verbraucher sollten Möglichkeit der Musterfeststellungsklage nutzen

Fazit

Unserer Meinung nach sollten Verbrauchsangaben, die bei Verkauf des Fahrzeugs gemacht werden, bindend sein. Dabei muss es egal sein, ob es um Kraftstoff- oder Motorenölverbräuche geht. Alles andere macht keinen Sinn. Weichen die Werte von den Normwerten des Fahrzeugs ab, muss der Fahrzeughersteller Abhilfe schaffen, denn das sagt schon die EU-Verordnung. Der Schritt des Schweizer Generalimporteurs geht also in die richtige Richtung und zeigt auf, wie Audi mit der Situation umgehen sollte. Nun ist der Fahrzeughersteller auch in den anderen Ländern aufgefordert zu reagieren und die betroffenen Fahrzeuge uneingeschränkt und kostenfrei nachzubessern.

Sind auch Sie betroffen, dann schildern Sie uns Ihren Fall kurz per Email an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Grafik/Quelle: AUTOFAHRERSEITE.EU

 

 

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Unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Sebastian Trost / Ralf Galow

Fotos dieses Artikels:
Quelle: TÜV Süd; Liqui Moly
AUDI AG; SRF/Youtube.com;
AUTOFAHRERSEITE.EU


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