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Klartext: Gewährleistung, Garantie, Kulanz

Veröffentlicht in Garantien

Quelle: AUTOFAHRERSEITE.EUQuelle: AUTOFAHRERSEITE.EU

Zu den Begriffen "Gewährleistung, Garantie und Kulanz" werden Verbraucher neuer oder jüngerer Fahrzeuge ganz gerne in die Irre geführt. Das ist auch kein Wunder, denn der un- oder falsch aufgeklärte Autofahrer spült jedes Jahr Milliardenumsätze in die oftmals deutlich teureren Vertragswerkstätten der Fahrzeughersteller und Importeure. Wir klären Sie als Verbraucher über Ihre Rechte, Pflichten und Möglichkeiten auf.

Eines vorweg ...und das sollten Sie als Verbraucher wissen!

Die Garantien, die beim Kauf von Neuwagen gewährt werden, werden immer länger. Warum das so ist, ist einfach erklärt: KIA als Vorreiter hat bewiesen, dass in Verbindung mit den propagierten "7 Jahren Garantie" der Absatz jährlich um rund 30 Prozent gesteigert werden konnte. Andere asiatische Fahrzeughersteller wie z. B. Hyundai und Toyota haben längst nachgezogen ...und mittlerweile werden auch die meisten Volkswagen und Audis sowie andere europäische Fabrikate mit 5 oder mehr Jahren Garantie verkauft. De facto ist es also so, dass kein Fahrzeug mit 2 Jahren Garantie oder lediglich mit der gesetzlich vorgeschriebenen Gewährleistung verkauft wird ...außer, und das ist schon kurios, die Pkw von Mercedes-Benz.

Langjährige Garantiemodelle sind jedoch nicht nur als rein absatzfördernde Maßnahme für Neufahrzeuge zu verstehen. Die Fahrzeughersteller und Importeure sowie deren Serviceorganisationen versuchen dem Verbraucher immer wieder zu vermitteln, dass dieser innerhalb der Garantiezeiten zur Inspektion, zur Wartung, zum Service und zur Reparatur in die Servicebetriebe der Hersteller / Importeure kommen muss, damit die eingeräumten Garantien erhalten bleiben. Da dieser Vertragswerkstättenzwang gegen geltendes EU-Recht verstößt, sind mittlerweile alle eindeutigen schriftlichen Formulierungen aus den Garantiebedingungen verschwunden. Was bleibt, sind Äußerungen, die z. B. bei der Fahrzeugabholung geäußert werden. Oftmals bekommen Neuwagenkäufer dann zu hören: "...und denken Sie daran, damit Sie Ihre Garantie nicht verlieren, sollten Sie zum Service zu uns kommen!".

Warum der Kampf um die Kunden derartig unsaubere Spielformen hervorbringt, ist klar. Die Fahrzeughersteller und auch die Vertragsbetriebe haben ein unbedingtes Interesse daran, dass die Verbraucher ihre Fahrzeuge in den Vertragsbetrieben warten und reparieren lassen, denn über die Lizenzgebühren für Vertragswerkstätten, den Verkauf von Originalteilen und die Arbeiten, für die zu Recht hohe Stundenverrechnungssätze abgerechnet werden, wird eine Menge Geld verdient. So zeigen unsere Erhebungen, dass der Werkstattaufenthalt beim Vertragspartner um ca. 30 Prozent teurer ist als der gleichwertige bei einem unabhängigen Fachbetrieb.

Der Verbraucherpreisindex gibt die Lebenserhaltungskosten an. In der Grafik werden die Werte relativ zum Jahr 2010 in Prozent dargestellt.Bild: AUTOFAHRERSEITE.EUBesonders in Anbetracht der Tatsache, dass die Lebenserhaltungskosten in den letzten Jahren dramatisch gestiegen sind (vgl. rechte Grafik, Quelle Statistisches Bundesamt), und die Budgets für die individuelle Mobilität in den meisten Haushalten sinken, muss zum Thema "Wahlfreiheit des Servicepartners" und zu den Themen "Gewährleistung, Garantie und Kulanz" Klarheit her.

Unser Zwischenfazit: Für den Verbraucher, der begrenzte Budgets für die individuelle Mobilität zur Verfügung hat, ist es also wichtig zu wissen, worauf er in puncto Gewährleistung, Garantie und Kulanz zu achten hat!

Die gesetzliche Gewährleistung

Bei der Gewährleistung handelt es sich um die gesetzlich vorgeschriebene "Sachmängelhaftung". Diese ist für Neuwagen während einer Frist von zwei Jahren und für Gebrauchtwagen eine Frist von mindestens einem Jahr ab der Übergabe vorgeschrieben. Während dieser Zeit haftet der Verkäufer für bestimmte Defekte am Fahrzeug.

Während des ersten halben Jahres nach Verkauf ist der Händler in der Beweispflicht. Sollte in dieser Zeit ein Mangel auftreten, muss er beweisen, dass das Fahrzeug beim Kauf in einwandfreiem Zustand war. Danach – also ab dem siebten Monat - ist der Käufer in der Beweispflicht.

Fazit zur Gewährleistung: Im Zeitraum der gesetzlichen Gewährleistung hat der Verbraucher die freie Werkstattwahl, ohne dass diese einen Einfluss auf die Mängelbeseitigungsansprüche hat. Wichtig ist, dass die fälligen Arbeiten nach Herstellervorgaben erfolgen. Gibt es keinen Wirkzusammenhang zwischen dem aufgetretenen Mangel und der nicht oder ggf. falsch erfolgten Wartung, hat der Fahrzeughersteller / Importeur / Händler die Mängel trotzdem zu beseitigen.

Die Neuwagengarantie und Neuwagenanschlussgarantie

Die Garantie räumt der Fahrzeughersteller / Importeur / Vertragshändler dem Garantienehmer vertraglich ein. In der Regel sind Verschleißteile von der Garantie ausgenommen und die Garantieleistungen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die früher weit verbreiteten Garantiebedingungen, nach der die Wartungen des Fahrzeugs in einem Vertragsbetrieb der Marke durchgeführt werden musste, sind jedoch spätestens seit Inkrafttreten der EU-Verordnung Nr. 461/2010 unwirksam. Laut der EU-Kommission gilt dieses in allen EU-Ländern gleichermaßen für Neuwagengarantien, käuflich erworbene Anschlussgarantien oder Gebrauchtwagengarantien, wenn das Fahrzeug bei einem Betrieb gekauft worden ist, das zum Vertriebs- und Servicenetz des jeweiligen Fahrzeugherstellers oder Importeurs gehört.

Entscheidende Voraussetzung für den Erhalt der Garantie ist, dass die Wartung des Fahrzeugs nach Herstellervorgaben erfolgt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Wartungsarbeiten in einem Vertragsbetrieb oder bei einem unabhängigen Spezialisten durchgeführt werden. Sonderegeln gelten allerdings für Leasingfahrzeuge, denn Leasing ist eine Langzeitmiete, bei der der Vermieter verlangen kann, dass das Fahrzeug durch eine Vertragswerkstatt gewartet wird.

Wie eingangs dargestellt sind heutzutage Herstellergarantien zwischen 2 und 8 Jahren üblich. Bei einigen Herstellern kann die zweijährige Garantie durch Anschlussgarantiepakete verlängert werden (z. B. Volkswagen 2+1/2/3 Jahre). Unabhängig von der Art und der Länge der Garantie gilt unser Fazit.

Fazit zu den Neuwagengarantien / Neuwagenanschlussgarantien: Im Zeitraum der vertraglich eingeräumten Garantien hat der Verbraucher die freie Werkstattwahl, ohne dass diese einen Einfluss auf die Mängelbeseitigungsansprüche hat. Wichtig ist, dass die fälligen Arbeiten nach Herstellervorgaben erfolgen. Gibt es keinen Wirkzusammenhang zwischen dem aufgetretenen Mangel und der nicht oder ggf. falsch erfolgten Wartung, hat der Fahrzeughersteller / Importeur / Händler die Mängel trotzdem zu beseitigen.

Die Kulanz

Mit dem diffusen Begriff "Kulanz" wird eine rein freiwillige Leistung des Kulanzgebers bezeichnet. Auf Kulanzleistungen kann man sich als Kunde also weder verlassen, noch hat man einen rechtlichen Anspruch darauf. Fahrzeughersteller / Importeure und Vertragshändler sind dann kulant, wenn sie möchten, dass der Autofahrer auch beim nächsten Fahrzeugkauf wieder ein Fahrzeug der Marke kauft.

Ob ein Hersteller bei einem nach dem Ablauf der Garantie auftretenden Mangel kulant ist, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Die Höhe der Kulanz ist abhängig vom Fahrzeugalter und von der Laufleistung. Der Kulanzbetrag nimmt also immer weiter ab, je älter das Fahrzeug oder je höher die Laufleistung ist. Bei Premiumherstellern ist erfahrungsgemäß eher mit kulantem Verhalten zu rechnen, als bei Budget-Marken. Förderlich ist in der Regel ein lückenlos geführtes Scheckheft, in dem die Wartung nach Herstellervorgaben dokumentiert ist. Diese Wartungen müssen nicht zwangsläufig beim Vertragshändler erfolgt sein.

Grundsätzlich ist der Verkäufer bzw. der Hersteller auch erst einmal verpflichtet, sicherzustellen, dass seine Fahrzeuge und die verwendeten Bauteile bei ordnungsgemäßer Wartung und Pflege während ihrer zu erwartenden Lebensdauer frei von bauartbedingten Mängeln bleiben. Es ist also bei einem auftretenden Mangel nach der Garantiezeit erst einmal entscheidend herauszufinden, ob es sich um einen bauartbedingten Mangel handelt (z. B. Steuerketten oder AGR-Ventile der VW TDI-Motoren, hoher Ölverbrauch Audi TSI-Motoren) oder um üblichen Verschleiß handelt. Bei bauartbedingten Mängeln hat der Autofahrer, je nach Laufleistung und Fahrzeugalter, also auch Mängelbeseitigungsansprüche.

Der Irrtum vom "Kulanzverlust" in der Garantiezeit

Innerhalb der Garantiezeit, dazu gehören auch die verlängerten Garantiezeiten von z. B. 7 Jahren bei KIA, 5 Jahre bei Volkswagen etc., darf die Mängelbeseitigung nie aufgrund von "Kulanzverlust“ abgelehnt werden. Erst recht nicht, wenn das Fahrzeug nach Herstellervorgaben gewartet wurde!

Wann greift die Kulanz dann überhaupt?

Nur in den Fällen, in denen der Verbraucher objektiv kein Recht auf Mängelbeseitigung hat, geht es um Kulanz. Dabei ist Kulanz immer ein freiwilliges Entgegenkommen gegenüber dem Kunden. Schaut man sich an, wie kulant die Fahrzeughersteller nach dem Ablauf der Herstellergarantie wirklich sind (z. B. 30 % nach 36 Monaten und 60.000 km), dann kann auch jeder gut geführte unabhängige Kfz-Fachbetrieb seinen Kunden ein ähnliches kulantes Entgegenkommen anbieten.

Außerdem kommt neben der Werkstatt in der Regel auch Fahrzeughersteller den Kunden entgegen. Auch dann, wenn das Fahrzeug nach Herstellervorgaben in einem unabhängigen Fachbetrieb gewartet wurde, denn er möchte dem Autofahrer ja auch zukünftig wieder ein Fahrzeug seiner Marke verkaufen.

Fazit zur Kulanz: Bei vorliegenden Mängeln ist "Kulanz" also nur dann ein Thema, wenn die Garantiezeit abgelaufen ist und die Mängel nicht zu den bauartbedingten Mängeln gehören. Echte Kulanzfälle sind also äußerst selten! Falls Sie einen echten Kulanzfall haben, dann überprüfen Sie bitte, wie hoch die angebotene Kulanzleistung wirklich ist. Erfahrungsgemäß fallen die Kulanzangebote aufgrund der längeren Garantiezeiten immer geringer aus! Daher kann und darf die Drohung, "Sie verlieren Ihre Kulanz, wenn Sie nicht zum Service zu uns kommen", für Sie also nicht der Grund sein, zum Service in den oftmals deutlich teureren Vertragsbetriebs zu fahren, den bis zum Ablauf der Garantie haben Sie im unabhängigen Fachbetrieb relevante Beträge gespart.

Abschließendes Fazit

Lassen Sie sich als Autofahrer und Verbraucher nicht verunsichern, wenn Ihnen mit dem Verlust von Garantie, Mängelbeseitigungsansprüchen oder Kulanz gedroht wird. Nach Herstellervorgaben und somit unter vollem Erhalt von Gewährleistung und Garantie kann auch ein unabhängiger Fachbetrieb arbeiten. Unzählige Kunden mit Fahrzeugen aller Altersklassen machen ausgezeichnete Erfahrungen mit der Arbeit der unabhängigen Betriebe, denn diese verfolgen nicht die Interessen eines Fahrzeugherstellers, sondern ausschließlich die ihrer Kunden. So haben Sie stets die Gewissheit, neutral, unabhängig und kompetent beraten zu werden.

Übrigens… eine Werkstatt, der Sie mit gutem Gefühl Ihr Auto anvertrauen können, finden Sie bei uns in der Werkstattsuche

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Unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Sebastian Trost / Ralf Galow

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